Meilensteine der Eisenbahntechnik

Die Maschinenfabrik Oerlikon investierte Anfang des letzten Jahrhunderts gut 1 Million Franken in den Bau der Versuchsstrecke Seebach-Wettingen, um die Tauglichkeit von Wechselstrom für die elektrische Traktion zu demonstrieren. Die Strecke war praktisch eine Verlängerung der auf dem Werksgelände verlegten Gleise. Die von der MFO gebaute Versuchslokomotive (Abb. unten) gilt heute als die Urmutter aller Schweizer Elektrolokomotiven und erhielt den Namen «EVA».

Elektro-Lokomotive «EVA»
Die Versuchslokomotive «EVA» der MFO

1903 musste der Wechselstrom noch unter Energieverlusten in Gleichstrom umgewandelt werden, weil es noch keinen Motor gab, den man direkt mit Einphasen-Wechselstrom betreiben konnte. Aber schon 1904 konstruierte der technische Direktor der MFO, Hans Behn-Eschenburg, den Einphasen-Motor, der für Jahrzehnte zum wichtigsten Bahnmotor in Europa werden sollte. Ausserdem konstruiert er die Wechselstrom-Netzbremse zur Rückgewinnung von Energie bei Talfahren.

1906 baute die MFO die erste Einphasenwechselstrombahn der Schweiz: die Valle-Maggia-Bahn. Im selben Jahr elektrifizierten die BBC unter Charles Brown die Simplontunnel-Strecke mit Dreiphasen-Wechselstrom. Ihre Lok benötigte zwei separate Stromleitungen und zwei Stromabnehmer. Die SBB beauftragten eine Studienkommission, das für die Elektrifizierung geeignetere Stromsystem zu evaluieren – jenes von der BBC favorisierte oder jenes der MFO.

Ab 1910/11 baute die MFO elektrische Lokomotiven für die Lötschberg-Strecke. Die Rhätische Bahn setzte 1913 auf das durch die MFO erprobte System und orderte zwei Loks. Später entschied sich auch die SBB, der Empfehlung der Studienkommission folgend, für dieses System und nahm die Elektrifizierung der Schweizer Bahnen in Angriff.

Die MFO trat immer wieder mit neuen Konstruktionen und Superlativen in Erscheinung und etablierte ihren Ruf als eine der innovativsten Lokbauerinnen. Zur Landesausstellung 1939 wurde die stärkste Lokomotive der Welt gebaut: die «Landi-Lok». Der «Rote Pfeil» verfügte über einen richtungsweisenden Antrieb und wurde mit seiner Stromlinienform sehr populär. Der TransEuropaExpress (TEE) konnte dank ausgeklügelter Technik auf vier verschiedenen Stromsystemen fahren.

MFO-Lokomotiven fuhren und fahren in ganz Europa. Heute sind auch in der Schweiz noch Hunderte von Lokomotiven im Einsatz, deren elektrische Ausrüstung von der MFO stammt.

Die MFO hat massgebliche Pionierleistungen für die Elektrifizierung der Schweizer Bahnen erbracht und viele berühmte Lokomotiven entwickelt.